Wer Ultra läuft zu Trainingszwecken, darf nicht seinen Turbo wecken, Schefflenzer Ultra 2012 Ich hatte mich schon lange angemeldet für diesen Einladungslauf in der Umgebung von Heilbronn.Der Schefflenzer Ultra, ein kleiner aber feiner Lauf, der bei seiner Erstauflage 2011 seine Teilnehmerzu schönen Laufberichten inspiriert hatte. Von einem persönlichen Umfeld mit liebevoller Betreuungwar die Rede. Und nicht nur die Bilder von der weitläufigen Gegend, sondern auch die von denLeckereien, die an insgesamt 9 Verpflegungsstellen auf 50 km verteilt angeboten würden, haben mirdas Wasser im Munde zusammenlaufenlassen. Was für eine Alternative zur spärlichen Verköstigungdie 14 Tage zuvor beim schönen aber harten Black Forest Trailrun angeboten wurde. Also frühangemeldet, denn dann gab es sogar noch ein Fläschle des hiesigen Rotweins dazu. Für 50 km. Das bedeutet ich wage mich nur auf die Kurzstrecke, denn wer das ganz große Vergnügensucht, kann diese Runde auch 2-mal hintereinander machen. Da mir aber beim Ende Juni geplanten12-Stunden-Rumgeeiere in Schmiden noch genügend monotone Wiederholung bevor steht, verzichteich dankend auf diesen Nachschlag. Zudem verteilen sich auf einer Runde fast 900 Höhenmeter.Nicht gerade ideal um mir den Aufbruch in neue Dimensionen, trotz der angebotenen Goodies, sorichtig schmackhaft zu machen. Also es bleibt vorerst bei bekannten Streckenlängen und ich machemich auf einen ähnlichen Lauf wie den Albmarathon 2011 gefasst. Damals bin ich im Windschatteneines deutlich schnelleren Bekannten los wie der Hirsch und konnte meine hohen Zeit-Erwartungensogar noch toppen. Dies wird mir heute keine Mustervorlage sein. Heute soll gemütlich das Läufle,seine Sehenswürdigkeiten und die lukullischen Schmankerl genossen werden. O.K., sollte es Schleimgeben werde ich diesen meinen nachfolgenden Konkurrenten großzügig überlassen.Also, Tempovorgabe für Schefflenz: „Gemach, Gemach“ statt „Volle Kanne, Brechstange“. Heute istSchausonntag. Äh, bloß das heute nicht Sonntag sondern Samstag ist. Wie jetzt, was jetzt. EinenWettkampf laufen und dann nicht den Bleifuß durchtreten? Ging doch bisher gar nicht. Und warumsollte ich diese Taktik ändern wollen. Ging doch immer alles gut bisher. Antrieb und Aggregat habenihre Vollgasfestigkeit doch schon ein ums andere Mal bestätigt. Die Entscheidung fiel tatsächlich einpaar Etagen höher, sozusagen auf Vorstandsebene meines Verstandes. Wobei Vorstand undVerstand ja nicht zwangsläufig in allen Lebenslagen eine befruchtende Liaison eingehen. ImRückblick auf die beiden Ultras im Mai und im Vorblick auf die kommenden Geschichten in Schmidenund Davos in den nächsten Wochen war es sicher die richtige Entscheidung heute einmaterialschonendes Rennen zu laufen.Zunächst mal musste die erste Hürde - Frühes aufstehen - überwunden werden. Mein Navi meint denWeg in gut einer Stunde Fahrtzeit zu schaffen. Also ganz mutig erst um 6:30 das Haus verlassen.Hoffentlich rächt sich das nicht und mir bleibt es erspart einen separaten Start hinzulegen und dasFeld von hinten aufrollen zu müssen. So ganz ungeübt in solchen Dingen bin ich ja nicht. Aber esklappt alles. Den letzten Kilometer weist mich das elektronische Helferlein zwar auf schmaleasphaltierte Feldwege. Aber solange keine geschlossene Schranke kommt. Ich entdecke dann die neue Sporthalle am Ortsrand von Allfeld. Es sieht recht ruhig aus, bis auf diepaar Autos und die Laufdreßgewandeten die drum herum wuseln. Es gibt natürlich noch genügendParkplätze direkt im Startbereich, auch wenn es nur noch 25 Minuten zum Start sind. Ich begrüßeschnell Kati die heute mal wieder den gleichen Blödsinn wie ich vor hat. Dass ich Sie heute alsBremse benutzen will ahnt sie natürlich noch nicht. Muss ihr ja nicht gleich die, wie immer gute Launeam frühen Morgen, vermissen. Ihre hauseigene Nachwuchshoffnung ist mir derweil schon bei denörtlichen Helfern im Zielbereich aufgefallen. Mangels Laufstreckenalternative für ihre Altersklasse wirdsie dort mindestens 6 Stunden Zeit haben die Anwesenden mit ihrer offenen, netten Art zu beglücken.Kann man fast etwas neidisch werden. Bei meinen hausgemachten Jungs schlägt spätestens nacheiner Viertelstunde ohne Spaßprogramm der Langweilig-Virus gnadenlos zu. Einzige Heilung heißtderzeit Smartphone oder Nintendo. Bin mal gespannt ob in absehbarere Zeit das unbekannteGeschlecht von ihnen eine faire Chance bekommt, derart bewaffnet, überhaupt Wahrgenomen zuwerden. Ach was war das früher alles einfach. O.K. genug abgeschweift. Ich bin heute hier zumLaufen da und nicht zum Philosophieren. Zwischenzeitlich ist alles was ich heut brauche am Mann. Die Zutaten: Startnummer und dashochprozentige Präsent, gab es allerdings nur gegen Leistung einer Unterschrift. Mensch, ich habdoch keine Zeit mehr zu lesen für welchen Blödsinn ich heute meinen Kopf hinhalten soll. Ach jairgendwas von Straßenverkehrsordnung war glaub dabei. O.K., ich werde versuchen mich an dieschulische Verkehrserziehung zu erinnern ohne dabei an die technischen Feinheiten desAufklärungsunterrichts zu denken. Außerdem gibt Bernhard sein Bestes. Briefing, kurz vor knapp,kurz und knapp. Nach der Begrüßung werden wir erst mal in die Geheimnisse der Streckenmarkierung eingewiesen.Da heiß es für Schauläufer natürlich: „Aufgepasst und mitgedacht“. Die Beschilderung ist richtig tricki.Rote Hinweisschilder mit der Bezeichnung ULTRA. Die lassen sich von lustigen Gesellen nicht soleicht manipulieren. Denn wer das ganze rumdrehen will, dreht auch die Schrift um. Und das istnatürlich die erste Warnstufe für uns, das was faul ist im Staate Dänemark. Zusätzlich wird es beischwierigen Stellen ein Schild geben: „Läufer Zurück“. Wie genial ist das denn? Zusätzlich zu denhäufigen Schildern sind Rotweißgestreifte Bauabsperrbänder an Bäumen ect. und blaue Pfeile amBoden und Sägespäne und, und, und. Verlaufgarantie quasi ausgeschlossen. Kurz und prägnant geht es pünktlich los. Immer neben dem „Traum in Rosa“ her. Und das 50 km lang.Hmm, war jetzt doch a bissle kurz der eigentliche Streckenbericht zum Lauf. Es ist halt schwer dieStrecke in Worte zu fassen. Es folgt Natur auf Natur und dann, man glaubt es kaum, wieder Natur. Jaund da ich „Tempi Passati“ heute Gaaaaanz lannnngsam will, bleibt natürlich viel Luft zur gepflegtenKonversation. Über was ich mit Kati geratscht habe? Tja, sorry das unterliegt höchsterGeheimhaltungsstufe. Nur soviel. Die strategischen Anlageziele im Allgemeinen und die maximaleWertschöpfung zur Vermehrung unserer monetären Vermögenstruktur im Besonderen tangentiertenwir nur peripher. Da wir uns vielmehr weniger mit bierernsten Themen befasst haben konnten wirauch auf den Genuss zahlreicher „Läufer zurück“ Schilder verzichten. Insofern bleibt dieserLaufbericht spaßbefreit; leider. Aber nicht sinnbefreit. Sinn war die maximale Konzentration auf das Angebot der Freßstationen, offiziell Kontrollpostengenannt. Denn die Datenschutzbeauftragten haben dort auch ihre Listen sorgfältig verkomplettiert undzum Glück bei Schauläufer keinen unvorhergesehenen Abgang eintragen müssen. Während wir alsovespern und mit den netten Helfern schwätzen läuft die Uhr weiter. Und läuft und läuft… Warum jucktmich das nicht. Heute stehen doch nicht Wein, Weib und Gesang auf der To-Do-Liste sondern laufen.Wo ist denn die Disziplin für die Verrichtung samstäglicher Verpflichtungen hin. Irgendwann feiert manschweren Herzens Abschied von den Leckerlis und den launigen Gesprächen und muss weiter. EinTrost hier nicht allein zu laufen, so bleibt für kurzweilige Unterhaltung gesorgt. Und das Motto: „Lassdie Läufer laufen, schau ihnen einfach zu, die meisten Laufen haben ja nichts Besseres zu tun….“Von meinen Ärzten dringendst empfohlen.Zwischenzeitlich gehören wir zur Stammbesetzung des hinteren Drittels. Zur Kompanie unseres Star-Ensembles gehören ein paar echte Ultra-Haudegen. Zuerst überholt uns ein harter Hund. Das istRoxy, die gehört zu Udo aus Augsburg. Udo ist auf dem Weg zu seinen 100 Marathons. Heute ist Nr.82 (oder waren es 83, oder…). Im Herbst will Udo in New York seinen Hundertsten laufen.Lauffreundin Roxy hat noch nicht so viel auf dem Kontor. Heute darf sie zum zweiten Mal Ultraluftschnuppern. Wenn es nach den beiden ginge hätte Roxy ihr Herrchen immer begleitet. Aber bei vielenStadtmarathons und Landschaftsläufen mit vielen Teilnehmern darf Roxy von Veranstalterseite nichtmit oder müsste an der Leine geführt werden. Das ist natürlich keine Alternative für ein Wesen, dassaufgrund des vielen Umherspringens mindestens ein Drittel mehr Kilometer auf der Uhr hat als seinfleißiges Herrchen.Dann trifft Kati ein paar der üblichen Verdächtigen. Einer davon ist Thomas. Thomas ist im Gegensatzzu uns sehr zivil gekleidet. Kein High-Tech-Anti-Müffelshirt, kein Marshmallows-Abklemm-Equipmentaus dem Sanitätshaus. Als Thomas mal gleichauf ist kommen wir ins Gespräch. Er ist auch den BlackForest Trailrun vor zwei Wochen gelaufen und letzte Woche den Keufelskopf Ultra. Ja undFronleichnam, also in 5 Tagen, wird er 12 Stunden in München laufen. Und weil er morgen noch einenStadtmarathon laufen will lässt er es heute etwas langsamer angehen. Schluck, hab ich was an denOhren oder bin ich im falschen Film. Schnell weiter und so tun als fände ich das ganz normal. Könnteja ansteckend sein. Denn, während ich und Kati heut nur jeden noch so unerheblichen Hügel hochwandern, wandertThomas auch ebene Abschnitte. Nur bergab lässt er es rollen. Und mit dem zuführen vonKöstlichkeiten an den Fresspunkten hält er sich auch kürzer auf. Damit geling es ihm, immer wiedervor uns zu sein. Nur damit wir ich dann mit vollgefressener Wampe wieder überholen können. Witzig.Dann treffen wir noch auf ein gelbes „100 Marathon“ Club-Shirt. Das gehört einem Michi. Michi läuftheut bloß Marathon, die Einsteigervariante in Schefflenz. Denn Michi sammelt Laufzeiten. Wie wasfrage ich, Laufzeiten. Ja, es werden Ergebnisse gesammelt von Marathons. Ziel ist es 60 Läufe zuhaben die im Zeitraum einer vollen Stunde enden. Also z.B. bei Marathonzeiten, beginnend ab 5Stunden aufwärts, wird versucht alles zwischen 5:01:00 und 5:59:59 zu finishen. Zur Not, wird ebenkurz vorm Ziel abgewartet?? Leider läuft auch Michi nicht unser Tempo. Bis kurz vor derMarathonweiche bei km 34 holt er uns immer wieder ein, nur um dann wieder von uns abgehängt zuwerden.Die Verpflegungsstellen sind der Traum. Bis auf das angepriesene Leberwurstbrot und die saurenGurken lasse ich nichts aus. Einmalig die Station bei km 12 und die nachfolgenden bei km 19. Diesind Luftlinie keinen Steinwurf weit auseinander. Wir haben aber eine nette Schleife gemacht undlaufen diese von der entgegengesetzten Seite an. Da die Bewirtung von verschiedenen Vereinenbewerkstelligt wird, hat jeder sein eigenes Zelt und Verpflegungsstand aufgebaut. Am 5.tenVerpflegungspunkt übernimmt ein Autohaus die Wohltatenverabreichung und füllt unsere Speicherauf. Witzig, dass die auch so heißen. Schauläufers Blicke zieht es in den Showroom. Potz Blitz, „NurFliegen ist schöner“. Nee, heute passt zu meinem Tempo das zeitgemäßere Motto: „…. derzuverlässige“. Und eine „Wonderful World“ dürfen wir heute nicht nur geschmacklich genießen.An der vorletzten Station ist ein Tisch aufgebaut direkt vor einem Haus. Hier sitzen unermüdlich zweiHelferinnen. Gutgelaunt bitten Sie uns ein Plätzle im Klappstuhl und Schoko-Kuchen an. Letztereswird gerne genommen. Auch der gemütliche Platz lädt zwar ein, aber da würde ich wohl immer nochsitzen. Es ist jetzt früher Nachmittag. Auf die Frage wie lange sie noch hier sind, wird mit 20:00 Uhrgeantwortet. Wahnsinn, aber klar die letzten100er kommen auf ihrer zweiten Runde da erst wiedervorbei. Mein Respekt vor solch einem Durchhaltevermögen. Die letzte Verpflegungsstelle kurz vormZiel hätten wir beide beinahe ausgelassen. Aber dank Katis Überredungskünsten entgeht mir derleckere Rhabarberkuchen nicht. Es gibt sogar Mozartkugeln. Ich stecke mir eine ein um KatisPrinzessin die lange Wartezeit auf uns im Ziel zu versüßen. Kurz vorm Ziel stellen wir fest, dass heute eine Zeit unter 6 Stunden nicht mehr möglich ist. Was Solls.Der letzte kurze Anstieg wird gemächlich hochmarschiert. Ich laufe dann ein paar Schritte voraus umvon Katis Zieleinlauf ein paar Bilder machen zu können. Kurz vorher werde ich noch von einemunbekannten Läufer abgeklatscht, der am Parkplatz im Aufbruch ist. Im Ziel wird man abermals nettempfangen und bekommt ein Zielbanner aus Kunststoff mit seinem Namen. Sehr schöne Idee. Damitwird, nachdem Kati im Ziel ist, nochmals ein gestelltes Bild vom Einlauf gemacht. Alles kein Problemhier, weil nix piept und blinkt beim durchlaufen der Ziellinie. Die Zeiten sind hier handgemacht.Ebenso wie die leckeren Kuchen. Ich muss zu meinen am Ziel verabreichten Finisherbier, dass imGegensatz zum heutigen Lauftempo - vollgasig ausfällt - eine Grundlage schaffen und genehmige mir3 Stückchen der süßen kohlehydratreichen Verführungen. Schlappe 80 Cent für ein Teilchen. „Dakoasch net meckera“ wie der Schwabe sagt. Dieser Lauf ruft nach Fortsetzung. Sein Service und die netten Menschen sind nicht mehrsteigerungsfähig. Die Anzahl der laufenden Kilometer leider schon. Denn als kürzeste Strecke werdennächstes Jahr die 100 angeboten. Nein nicht Kilometer. Meilen. Da bräuchten die Helfer, wenn ich inmeinem Wellnesstempo von heute laufen würde ja einen ganz langen Atem. Spaß beiseite. 100Meilen kann ich mir so gar nicht vorstellen, ohne dabei schon mental völlig außer Puste zu kommen.Und bei der Distanz wird es ja irgendwann auch zappenduster. Und ich mein jetzt nicht nur wegendem chronologisch fortschreitenden natürlichen Tageslichtentzug. https://picasaweb.google.com/116674039659628677019/SchefflenzerUltra?authkey=Gv1sRgCIz2idv86vuO4wE#Klaus Mantel